Einmal noch... zur Isarphilharmonie

„Wir durchbrechen auf unserem heutigen Weg nach Garmisch eine imposante Wolkenwand. Auf dem Parkplatz der Klinik werden wir bereits erwartet. Eine Frau mit kleinem Kind auf dem Arm ist sichtlich gerührt als wir ankommen. Sie erklärt uns, dass sie und ihr Mann die Eltern unseres heutigen Fahrgastes (Herr C.T., 34 Jahre alt) sind.

Nach einer kurzen Verabschiedung von seiner Familie starten wir mit ihm und seiner Pflegerin die Fahrt in Richtung München zum heutigen Ziel: der Isarphilharmonie. Als wir mit dem Wünschewagen langsam die Rampe zum Eingang herunter fahren, trifft gleichzeitig die Schwester unseres Fahrgastes ein. Mit ihr gemeinsam werden wir uns heute das Orchestra Filarmonica della Scala anhören. Das Besondere: der Schwager unseres Fahrgastes ist als Musiker Teil des Orchesters.

Mein Kollege Andi und ich parken den Wünschewagen ums Eck und gehen dann in das Lokal nebenan, in welchem unser Fahrgast, seine Schwester und seine Pflegerin bereits auf uns warten. Vor dem Konzert wollen wir den Abend mit einem leckeren Essen einläuten. Es ist warm, gemütlich und man hat den Eindruck auf einer Hütte in den Alpen gelandet zu sein. Alles ist aus Holz, auf den Bänken liegen weiße Felldecken und an den Wänden hängen verschiedene Geräte aus der Landwirtschaft - Sensen, Rechen, Werkzeugkisten und vieles mehr. Unser Fahrgast erzählt uns, dass er die meisten dieser Gerätschaften von zuhause kennt und klärt uns über deren verschiedene Zwecke auf.

Die Tischgespräche sind gleichermaßen humorvoll, angenehm und schwer. Unser Fahrgast erzählt, dass er sich bei einem Klettersturz im vergangenen Jahr verletzt habe. Als diese Verletzung im Krankenhaus untersucht wurde, kam die unerwartete Diagnose wie eine Wucht. All das ist gerade einmal zwei Monate her und nach der schockierenden Nachricht folgten weitere. Er ist Bergretter und darf seinen Beruf nun nicht weiter ausüben. Dann offenbart er uns seine Träume - er habe die vergangenen Jahre jeden Cent gespart, um das langersehnte Medizinstudium beginnen und absolvieren zu können. Danach hätte er gern in seiner Heimat Südtirol eine Schmerztherapie-Praxis für Kinder eröffnet. Während er mit uns diese Träume teilt, strahlt er jene Energie, Lebenskraft, Liebe und Freude aus, die genau diese Praxis in unseren Vorstellungen zum Leben erwecken lässt.

Der heutige Besuch in der Isarphilharmonie bedeute für ihn alles und er bedankt sich von Herzen dafür, dass ihm dieser Wunsch erfüllt wird. Nun ist es soweit, das Konzert steht kurz bevor. Auf die Frage hin, ob er müde ist, erwidert er mit trockenem Humor, dass es heute Abend keine keine Option sei, die Augen zu schließen. Gemeinsam gehen wir in den Saal, nehmen unsere Plätze ein und lauschen den ersten Tönen des Orchesters. Ein unvergesslicher Abend nimmt weiter seinen Lauf und wir genießen jede Sekunde dieser phantastischen musikalischen Darbietung.

Nach einigen Erinnerungsfotos und einem kurzen Plausch an der Eingangstür bittet unser Fahrgast darum, zum Wünschewagen zurück zu kehren, da ihm nun sehr kalt sei. Eingemummelt in eine Decke, bereit zur Rückfahrt und dann... eilt auf einmal der Schwager unseres Fahrgastes mit einem riesigen Blumenstrauß herbei und bevor er ihn an unseren Fahrgast übergibt, zieht er zwei Blümchen heraus, eine für seine Pflegerin und eine für mich. Nach einem kurzen Abschied fahren wir los und ich habe das Gefühl, die wertvollste Blume der Welt unter dem Fahrersitz zu transportieren.

Wir bringen unseren Fahrgast zurück in die Klinik nach Garmisch. Seine Dankbarkeit können wir nur zurück geben - es war uns eine Ehre, Teil dieses besonderen Tages sein zu dürfen.

Als kleine Überraschung holen wir noch eine Torte in einem nahegelegenen Hotel für ihn ab, welche die Geschäftsführerin extra für ihn hat anfertigen lassen, und bringen sie zur Station. Wir hoffen, dass er sich morgen gleichermaßen darüber freut wie das Klinikpersonal.

"Geschafft", sagt Andi. "Und wie hat Dir Deine erste Wunschfahrt gefallen, Nathalie?"

"Es wird nicht die letzte gewesen sein", antworte ich, völlig überwältigt von meinen Emotionen und setze den Blinker nach links, um zurück auf die B2 zurück in Richtung München zu gelangen.“

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